Der europäische Kfz-Aftermarket steht angesichts eines intensiven Wettbewerbs mit sinkenden Margen und hohen Kosten sowie einem damit einhergehenden starken Konzentrationsprozess unter zunehmendem Druck.
Das Gesamtvolumen des europäischen Kfz-Aftermarket für Pkw-Komponenten liegt aktuell bei rund 119 Milliarden Euro. Dabei divergieren die Märkte stark voneinander. So gerät der Aftermarket in den Volumen-Ländern Westeuropas, der durch eine hohe Wettbewerbsdichte im Teilehandel und ein Überangebot von Werkstätten gekennzeichnet ist, zunehmend unter Druck. Je nach Produktgruppe wird diese Tendenz mehr oder minder ausgeprägt sein. Besonders die klassischen Verschleißteile-Sortimente werden betroffen sein. Verbesserte Qualitäten, sinkende Kilometerleistungen sowie steigende Autokosten lassen die Absätze trotz wachsender Pkw-Bestände schrumpfen.
Die südeuropäischen Länder, stellvertretend sind hier Italien, Spanien und Griechenland genannt, befinden sich bedingt durch Wirtschafts- und Eurokrise immer noch vor großen Herausforderungen.
Neben Veränderungen beeinflusst durch diese exogenen Faktoren stehen die südeuropäischen Länder auch vor strukturellen Änderungen. Mit ihren zahlreichen kleinen, lokalen Werkstätten sowie klein- und mittelständisch strukturierten Teilehändlern (Jobber) geraten die Marktteilnehmer unter starken Preis- und Margendruck.
Entwicklung im Teilegroßhandel
Auf der Ebene des freien Teilegroßhandels wird der freie europäische Aftermarket von fünf großen Teilegroßhandels-Kooperationen wie Temot International, ATR International, ad International, Groupauto Union International und Nexus sowie von rund 20 bis 25 Großdistributoren dominiert. Dabei handelt es sich um Mitglieder dieser Kooperationen, wie z.B. Stahlgruber, WM SE und Trost SE (Deutschland), Intercars (Polen), Mekonomen (Skandinavien/Baltische Länder), Rhiag (Italien/MOE), Autonet (Rumänien/Ungarn), LKQ-Sator + ECP (Benelux/Großbritannien) und Exist (Russland).
Teurer Servicesupport
Der Teilehandel ist europaweit mit einem enorm starken Wettbewerb konfrontiert. Nach wie vor verfügt das Gros der Teilehändler über hervorragende Logistikleistungen, Verkaufssupport mit dem Angebot von Werkstattsystemen, Training, Marketingunterstützung der Kunden wird immer wichtiger und gehört zu den Kompetenzen eines erfolgreichen Teilegroßhändlers.
Die technologische Entwicklung und die große Zahl von Wettbewerbern veranlassten die Großhändler, ihren Werkstattkunden neben dem klassischen Teilegeschäft schon vor vielen Jahren, technische und kaufmännische Serviceleistungen anzubieten, was inzwischen fast zu einem Überangebot von Werkstatt-Konzepten geführt hat. Die Ware folgt schließlich dem Know-how. Diese unterstützenden Maßnahmen können nicht kostendeckend weiterberechnet werden. Die Rentabilität wird durch einen konzentrierten erhöhten Warenbezug sichergestellt. Zudem entwickeln sich Service-Support-Kosten für IAM-Werkstätten enorm, um deren Wettbewerbsfähigkeit mit den OES Werkstätten zumindest einigermaßen gewährleisten zu können. Hinzu kommt, dass die IAM Werkstätten in dem zukünftig härter werdenden Wettbewerb proaktiv und nicht wie in der Vergangenheit passiv agieren müssen, um den Unternehmensbestand zu sichern. Folgende Fragen drängen sich deshalb für immer mehr Lieferanten (IAM als auch OES) in den Vordergrund:
- „Wie kann ich technischen Support in Zukunft bei steigenden Kosten und sinkenden Roherträgen noch gewährleisten?”
- „Sind die Werkstatt-Systeme bei den enormen Kosten und der begrenzten Einkaufs-Loyalität zukünftig noch zeitadäquat, bzw. welche Restrukturierung ist erforderlich, um sie den veränderten Marktgegebenheiten anzupassen?”
- Wie können die enormen Logistikkosten durch JIT-Belieferungen eingedämmt werden?
- „Wenn meine Werkstätten nicht verkaufsaktiv sind, wie kann ich ihnen Kunden zuführen, um meinen Absatz zu sichern?”
Die Servicefrage ist dahingehend zu beantworten, dass die Lieferanten mit dem Autoservice-Support eigenständige Erträge erwirtschaften müssen – ihn als eigenes Geschäftsmodell neben dem Teilegeschäft betreiben.
Bei der Lösung der JIT-Logistik wird der Einsatz von „Online-Werkstatt-Terminierungsprogrammen” für den Autofahrer an Bedeutung gewinnen und für Kostenentlastung sorgen.
Die Verkaufsfrage erfordert verstärkte „Customer Routing Maßnahmen”, speziell unter Einbeziehung der Online-Vertriebswege.
Beide Strategien sind eng an den „wirklichen” Werkstattbedürfnissen ausgerichtet und werden die etablierten Werkstatt-Systeme sinnvoll ergänzen bzw. verändern und stehen im Focus zukünftiger System-Relaunches von wolk after sales experts.
Auswirkungen des rückläufigem Automobilmarkt auf den After Sales Bereich
Der anhaltende Abschwung in der Automobilindustrie in Europa bewirkt auch zahlreiche Negativeffekte auf den Kfz-Aftermarket. So haben die Automobilhersteller vielfach Anstrengungen unternommen, um ihre „Cash Cow” Fahrzeugteile zu stabilisieren, sprich ihr Geschäft mit Originalteilen zu verstärken. Im B2C-Sektor wurden beispielsweise neue Produktlinien mit niedrigeren und wettbewerbsfähigeren Preisen für die Reparatur von Fahrzeugen älter als 4 bis 8 Jahre eingeführt.
In den Automobilkrisen der letzten Jahre war der Independent Aftermarket wenig betroffen. Er hatte sich immer wieder als Stabilitätsanker für die Teileindustrie erwiesen. Der Druck der „Costs of Ownership” lastet in Anbetracht der fortwährenden europäischen Finanzkrise intensiver auf den Haushaltsbudgets der privaten Haushalte und der gewerblichen Flotten. Zudem ist zu vermerken, dass der Intragruppen-Wettbewerb innerhalb der beiden Marktlager (OES und IAM) weit intensiver ausgefochten wird und stärker dazu beiträgt, den Ausleseprozess der Marktpartner voranzutreiben.